Auswirkungen des Coronavirus in Südostasien zeitverzögert
Wie Ralf Schmidt, Hamburg Ambassador der Handelsmetropole in Singapur, berichtet, verzeichnete der Hafen Singapur im ersten Quartal 2020 noch keine Einschränkungen im Frachtverkehrsvolumen. Ähnlich verhält es sich beim generellen Frachtverkehr in ganz Südostasien. Die Frachten wurden noch vor der Coronakrise gebucht und verschifft, weshalb die Auswirkungen des Coronavirus in der Schifffahrt erst von April an feststellbar sind – insbesondere auf den Strecken nach Europa und Amerika, aber zunehmend auch im innerasiatischen Verkehr. Einschätzungen zum Rückgang der Gesamtwirtschaftsleistung seien schwer zu treffen, so Ralf Schmidt. Man gehe daher von den allgemeinen Vorhersagen des IWF aus.
Produktion
Die Einschränkungen sind in allen Ländern Südostasiens spürbar, von denen sich die meisten derzeit in einem Lockdown befinden. Dieser betrifft alle Sektoren, die Industrieproduktion wie den Dienstleistungssektor. Produktion ist nur zu einem kleinen Teil zulässig. In Singapur gibt es einen sog. „circuit breaker“, der vom 21 April bis 4 Mai verschärft und danach bis 1 Juni verlängert wurde. Die Verschärfung führt zu weiteren Einschränkungen für grundlegende und systemrelevante Dienstleistungen, sodass auch in diesen Branchen mindestens 85 Prozent der Arbeit aus dem Homeoffice erfolgen muss.
Insbesondere die wirtschaftsstarken Länder wie Singapur, Malaysia, Vietnam, Indonesien und die Philippinen verschärfen zusätzlich ihre Restriktionen. Generell liegt die Industrieproduktion in Südostasien bei 40-60 Prozent des Normalniveaus, wobei die höheren Werte insbesondere im Bereich der Produktion von medizinischer Ausstattung sowie Reinigungs- und Körperpflegeprodukten liegen.
Gütertransport
Die Coronakrise wirkt sich auf alle Verkehrsträger des Gütertransports aus, wobei der Transport über die Straße nur im Binnenhandel und im Außenhandel mit benachbarten Ländern eine Rolle spielt. Hier wird derzeit die Betriebszeit von Grenzübergängen reduziert, sodass LKWs die Grenze zwischen Malaysia und Singapur beispielsweise nur von 7 Uhr bis 19 Uhr passieren können.
Die Luftfahrt in Südostasien steht zu 90 Prozent am Boden. Die Raten für Luftfracht haben sich zum Teil verdreifacht. Einige Fluggesellschaften, wie z.B. Singapore Airlines, haben Passagiermaschinen zu Frachtmaschinen umfunktioniert, sodass Fracht nun teilweise im Cargodeck und zusätzlich auf dem Passagierdeck transportiert werden kann.
Blank Sailings
Die anfänglichen Verstopfungen in chinesischen Häfen, insbesondere für Reefercontainer, haben sich schnell gelöst. Weiterhin warten Container jedoch auf Befüllung in Asien. Die weltweit zurückgegangene Nachfrage, gerade in Europa und Amerika, bereitet der asiatischen Wirtschaft Sorgen. Neben der reduzierten oder gestoppten Produktion ist die geringe Nachfrage ein weiterer Grund, warum es noch Monate dauern wird, wieder genug Containerkapazität im Umlauf zu haben. Seit Anfang April hat die geringe Nachfrage zu einem Anstieg der Leerfahrten geführt, was in einigen mitteleuropäischen Ländern zu einem Mangel an Containern führte.
Hafen Hamburg/PROMV/30.04.20