Bauwirtschaft trotzt der Corona-Krise
Die Bauwirtschaft ist in Deutschland bislang verhältnismäßig gut durch die Corona-Pandemie gekommen und dürfte auch in den nächsten Jahren solide Wachstumsraten verzeichnen. Das geht aus der neuesten Bauvolumenrechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor.
Den Berechnungen der ÖkonomInnen Martin Gornig, Claus Michelsen und Laura Pagenhardt zufolge ist das Bauvolumen in Deutschland im vergangenen Jahr nominal insgesamt um vier Prozent auf etwa 444 Milliarden Euro gestiegen – trotz der Corona-Pandemie. Obwohl sich die Wachstumsrate damit im Vorjahresvergleich halbierte, ist die Bauwirtschaft weitaus weniger krisengeschüttelt als viele andere Branchen.
Für dieses und das kommende Jahr ist ein weiterer Anstieg der Bautätigkeit zu erwarten, um knapp drei beziehungsweise gut fünf Prozent. Besonders der Wohnungsneubau zeigt sich krisenfest. Nach wie vor wird in den Neubau von Wohngebäuden investiert. Mit Wachstumsraten in den Jahren 2020 bis 2022 von nominal gut fünf, vier und fünfeinhalb Prozent (im Vergleich zu ebenfalls rund fünfeinhalb Prozent im Vor-Corona-Jahr 2019) zeichnet sich lediglich eine kleine Wachstumsdelle ab.
Bauunternehmen mussten ihre Arbeit in der Corona-Pandemie zu keiner Zeit einstellen, sondern konnten sie unter Hygieneauflagen fortführen. Zudem hilft, dass Wohnungsbaukredite nach wie vor historisch günstig sind. Auch das entschlossene Eingreifen der Bundesregierung zur Stabilisierung der Haushaltseinkommen, beispielsweise durch das Kurzarbeitergeld, sowie die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung dürften einen stärkeren Einbruch der Bautätigkeit im abgelaufenen Jahr verhindert haben. Die Zahl der Baugenehmigungen lag von Januar bis Oktober 2020 um 3,4 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Der sogenannte Bauüberhang entspricht derzeit der Wohnungsbauleistung von rund zweieinhalb Jahren.
Wo Licht ist, gibt es jedoch auch Schatten: Erstens weist die Bautätigkeit an bestehenden Wohngebäuden deutlich mehr Corona-Spuren auf als die Neubautätigkeit. So dürfte die schlechte wirtschaftliche Lage und die Ungewissheit, kombiniert mit Hygienemaßnahmen und Kontaktbeschränkungen, viele veranlasst haben, nicht dringend notwendige Ausbauarbeiten zu verschieben.
Zweitens wurde insbesondere der Nichtwohnungsbau erheblich von der Corona-Pandemie ausgebremst: Der Wirtschaftsbau wird in diesem Jahr wohl sogar schrumpfen, nachdem es schon 2020 nominal betrachtet nur noch ein Mini-Wachstum von gut einem Prozent gab. Preisbereinigt, also real, ist die Bauleistung bereits im vergangenen Jahr gesunken.
Der öffentliche Bau dürfte von den drei Baubereichen in diesem Jahr mit nominal 6,9 Prozent am kräftigsten wachsen, bevor es 2022 eventuell um fast fünf Prozent bergauf geht. Im vergangenen Jahr war die Entwicklung noch etwas verhalten: Aufgrund wegbrechender Gewerbesteuereinnahmen hielten sich die Kommunen mit Investitionen zurück. Das Konjunkturpaket, das auch öffentliche Investitionen vorsieht, zeigte noch wenig Zugkraft. Das sollte sich in den kommenden Jahren ändern, zumal der Bund auch kommunale Steuerausfälle kompensiert. Längerfristig könnte eine kommunale Finanzreform den Städten und Gemeinden mehr Spielraum verschaffen. Ebenfalls würde vielen überschuldeten Kommunen eine Reduzierung ihrer Altschuldenlast helfen, so die Studie. Hier seien in erster Linie die Länder gefragt. Der Bund könnte hingegen in Form einer Gemeinschaftsaufgabe zur Stabilisierung der kommunalen Investitionstätigkeit beitragen.
Link: Studie im DIW Wochenbericht 1+2/2021
DIW / PRMV / 13.01.2021