Die deutsche Wirtschaft schrumpft, die Industrie hofft
Es war längst befürchtet worden, nun hat es die Bundesbank auch dokumentiert: Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im ersten Quartal dieses Jahres geschrumpft. Im Vorquartal (Oktober bis Dezember 2020) war sie trotz teilweisem Teil-Lockdown noch um 0,3% gestiegen, im Gesamtjahr 2020 allerdings wegen der Pandemie um 4,9% zurückgegangen. Wie hoch das Minus im Auftaktquartal gewesen ist, steht noch nicht endgültig fest. Schätzungen gehen von knapp 2% aus. Bereits vergangene Woche hatten die fünf großen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose eine neue Konjunkturprognose aufgestellt. Demnach soll Deutschland in diesem Jahr nur noch um 3,7% – statt der bisher angenommenen 4,7% – wachsen. Der Internationale Währungsfonds geht von 3,6% aus, die Wirtschaftsweisen sogar nur von 3,1%.
Allerdings: Die deutsche Industrie hat sich längst als Wachstumslokomotive in Pandemie-Zeiten entpuppt. Der Dienstleistungssektor leidet hingegen teilweise mehr denn je. Das geht auch aus dem neuen Monatsbericht der Deutschen Bundesbank hervor. Dennoch ist die hiesige Industrieproduktion im Februar genau wie auch schon im Januar zurückgegangen, der Höhenflug ist zumindest vorübergehend gestoppt. Dies lag zum einen an der winterlichen Witterung und der Mehrwertsteuer-Rückkehr zum regulären Satz von 19%. Beides hat allen voran dem Baugewerbe zu schaffen gemacht. Zum anderen hat die Industrie mit Engpässen zu kämpfen. „Eine wichtige Rolle für den Rückgang dürften Lieferengpässe bei Vorprodukten gespielt haben, sodass es trotz guter Auftragslage zu Produktionsverzögerungen kam“, heißt es von Seiten der Bundesbank. Besonders betroffen hiervon sei die Kfz-Branche gewesen, deren Produktion stark um rund 7% gegenüber dem Vormonat zurückging. Insgesamt habe die Industrieproduktion in den Monaten Januar und Februar den Stand des Vorquartals gehalten. Damit blieb sie weiterhin noch etwa 3% unter dem Vorkrisenniveau des Jahresschlussquartals 2019.
Ein neuerliches Nachfrageproblem sehen die Bundesbank-Experten allerdings nicht. Der Auftragseingang sei im Februar erneut deutlich angestiegen und habe sich damit mittlerweile erheblich von den Einbrüchen im vergangenen Jahr erholt. „Im Mittel der Monate Januar und Februar übertraf er das Vorkrisenniveau des Jahresschlussquartals 2019 um beachtliche 7%.“ Wie das Statistische Bundesamt am Montag bekanntgab, war der Auftragsbestand der deutschen Industrie im Februar noch einmal um 1,3% höher als im Januar. Damit stieg er bereits den neunten Monat in Folge. Bei den Produzenten von Vorleistungsgütern wuchs der Auftragsbestand demnach von Januar bis Februar dieses Jahr um 2,4%, bei den Herstellern von Investitionsgütern ging es um 1,1% nach oben. Im Bereich der Konsumgüter lagen die Aufträge 1,3% höher. Die Reichweite des Auftragsbestands erreichte den Statistikbehörden zufolge im Februar einen neuen Höchststand seit Beginn der Zeitreihe 2015: Sie betrug 7,1 Monate. Die Industrieaufträge würden also bis in den Herbst hinein die Produktion aufrechterhalten, ohne dass neue Aufträge hinzukommen müssten.
Die wirtschaftlich bedingte Kurzarbeit legte im Januar deutlich zu, schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht. Nach ersten Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit stieg die Zahl der Personen in Kurzarbeit auf 2,85 Millionen, das entspricht 8,5% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Damit wären im Januar gut 40% mehr Personen in Kurzarbeit als im Oktober 2020, bevor die Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie erneut verschärft worden seien, heißt es weiter. Doch auch hier dürfte die deutsche Exportindustrie weit weniger betroffen sein.
Bundesbank/jr/promv