DIHK: Kriegt belastet Lieferketten enorm
Der von Russland entfachte Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Folgen verschärfen nach Erkenntnissen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) auch die Probleme in den Lieferketten der Weltwirtschaft enorm. Schon in der bundesweiten IHK-Konjunkturumfrage zu Jahresbeginn hätten 84 Prozent der deutschen Industriebetriebe mittlere bis erhebliche Lieferschwierigkeiten gemeldet, teilten DIHK-Vizepräsident Ralf Stoffels und DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier am 17. März vor Journalisten mit. Damit sei bereits vor Kriegsausbruch eine deutliche Mehrheit der Unternehmen mit Problemen in ihren Lieferketten konfrontiert gewesen.
Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange: “Inzwischen erreichen uns auf vielen Kanälen Rückmeldungen über eine starke Zunahme der Probleme”, berichtete Treier. Ein erster Trend aus einer aktuell laufenden DIHK-Blitzbefragung zu den wirtschaftlichen Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine zeigt: Rund 60 Prozent der Unternehmen melden zusätzliche Störungen in der Lieferkette und Logistik als Folge des Krieges. Bereits zu Jahresbeginn hätten lediglich 10 Prozent der Betriebe mit einem baldigen Ende der Lieferketten-Probleme gerechnet, sagte der DIHK-Außenwirtschaftschef. Inzwischen dürften es noch weniger sein.
Insbesondere für Deutschlands mittelständische Industriebetriebe spitzt sich die aktuelle Lage wegen der anhaltenden Engpässe nach den Worten von DIHK-Vizepräsident Stoffels teilweise dramatisch zu: “Diese Unternehmen stehen derzeit von zwei Seiten unter Druck: Sie bekommen selbst weniger Vorprodukte oder – wie vor allem bei Energie – nur zu sehr hohen Preisen. Zugleich können sie die Kostensteigerungen nur teilweise an ihre Kunden weitergeben und selbst wegen der Verzögerungen in der eigenen Lieferkette immer schlechter liefern”, so Stoffels.
“Da sind auch viele Unternehmen dabei, deren deutsche Spezialprodukte in den weltweiten Lieferketten eine oft entscheidende Rolle spielen”, erläuterte der DIHK-Vizepräsident. “Es gibt kaum Autos, Smartphones oder Maschinen, die ohne in Deutschland produzierte Schlüsselkomponenten funktionieren.” Deshalb müssten Wirtschaft und Politik die massiven Störungen der Lieferketten gemeinsam in den Griff bekommen.
Stoffels betonte: “Selbst unter den Unternehmen, die erhebliche finanzielle Einbrüche durch die gegen Russland verhängten Sanktionen verzeichnen, ist der Rückhalt für die harten Maßnahmen groß. Es ist für viele einfach unerträglich, in einem Land Geschäfte zu machen, von dessen Boden ein solcher Angriffskrieg ausgeht.”
Deutlich dramatischer seien die Verluste in der Ukraine, wo menschliches Leben und dessen Grundlagen einfach weggebombt würden. “Wir müssen den Menschen aus der Ukraine so viel helfen, wie irgendwie möglich”, so der DIHK-Vizepräsident. “Und wir müssen im Rest der Welt geschlossen bei den Sanktionen gegen Russland agieren, auch wenn diese Rückwirkungen auf unsere eigene Wirtschaft haben.”
Stoffels und Treier wiesen darauf hin, dass deutschen Unternehmen weltweit immer mehr Handelshürden und Protektionismus begegneten. Das habe sich im Zuge der Corona-Pandemie verstärkt und sei eine bedenkliche Entwicklung. “Denn wir verlieren dadurch immer mehr Vorteile der internationalen Arbeitsteilung”, sagte Stoffels. Treier ergänzte, auch wegen grundsätzlicher Bedenken in Deutschland und der EU blieben selbst ausverhandelte Handelsabkommen wie das mit Mercosur weiterhin in der Schwebe.
“Für mittelständische Betriebe wäre es gerade in diesen Zeiten ein Befreiungsschlag, wenn die EU bei den Handelsabkommen im Indopazifik und Südamerika spürbar vorankäme”, so Stoffels. Auch sollten Handelsschutzmaßnahmen, die wichtige Importe übermäßig verteuern, gerade jetzt in Zeiten erhöhter Inflation besonders kritisch hinterfragt werden. Vielleicht sei die Krise auch eine Chance, hier bessere Ergebnisse auf Augenhöhe zu erzielen.
Quelle: DIHK