Neues APA-Positionspapier: Mehr Asien wagen
Der Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) forderte kürzlich in einem Positionspapier die europäische Politik dazu auf, sich stärker in Asien zu engagieren. „Die EU und ihre Mitgliedstaaten bräuchten dringend eine klare gemeinsame Außenwirtschaftspolitik gegenüber dieser derzeit wichtigsten Wachstumsregion“, erklärte APA-Vorsitzender Joe Kaeser: „Das gilt insbesondere für die Wahrung der europäischen Interessen im Wettbewerb der beiden Wirtschaftssysteme von China und den USA.
“Der APA knüpft bei seinen Forderungen an die Indo-Pazifik-Leitlinien an, die die Bundesregierung im Herbst 2020 auf den Weg gebracht hat. Dem Ausschuss schwebt „ein kohärenter EU-Ansatz“ vor, der das „nötige wirtschaftliche und politische Gewicht für eine effektive Durchsetzung eigener Interessen und Werte“ aufbringe. In diesem Sinne unterstützt der Ausschuss den EU-Ratsbeschluss vom April dieses Jahres, eine „EU-Strategie zur Kooperation im Indo-Pazifik“ zu entwickeln. Hierfür gibt das APA-Positionspapier Impulse auf den Feldern Diversifizierung, regelbasierter Handel, Nachhaltigkeit, Innovation und schlussendlich im Verhältnis zu China.
Mehr Chancen in mehr Regionen nutzen
Bei aller Dominanz des chinesischen Marktes wünscht sich der APA, den Blick auf andere Regionen in Asien-Pazifik stärker zu weiten. In dem Dokument heißt es hierzu: „Deutschland und die EU müssen ein wachsendes Interesse daran haben, die Beziehungen zu Partnern wie Japan, Australien, Neuseeland oder Südkorea zu vertiefen, um neuen Herausforderungen auf der Basis demokratischer Werte und marktwirtschaftlicher Regeln zu begegnen.“ Ein wichtiges Ziel sei zum Beispiel eine gemeinsame Gestaltung regulatorischer Rahmenbedingungen in Bereichen wie Digitalisierung und Datenverkehr oder beim Umgang mit Subventionen und Staatsunternehmen.
In der Folge unterstreicht der APA, dass internationale Lieferketten im Zuge der Pandemie nicht zusammengebrochen seien. Ungeachtet dessen käme eine Produktionsverlagerung aus China heraus nur für die allerwenigsten Unternehmen in Frage. „Eine Diversifizierungsstrategie sollte deshalb nicht darauf abzielen, Produktion aus China zu verlagern, sondern darauf, die Aktivitäten um weitere Standbeine wie bessere Rahmenbedingungen durch Freihandelsabkommen zu erweitern.“ Außerdem soll nach APA-Ansicht, die 2018 von der EU vorgestellte Konnektivitätsstrategie mit Leben gefüllt werden. Sie verfolgt einen Ausbau der Transport-, Energie- und Digitalinfrastruktur auf dem eurasischen Kontinent. „Das geoökonomische Potenzial der Strategie bleibt bislang unausgeschöpft.“ Erforderlich sei vor allem eine solide finanzielle Unterlegung der Strategie.
Abkommen und gemeinsame Ziele ebnen den Weg
Im Rahmen des regelbasierten Handels spricht sich der Ausschuss dafür aus, die internationale Zusammenarbeit auf multi- und plurilateraler Ebene flexibel und themenbasiert zu gestalten. „Priorität muss dabei die Wiedereinsetzung der Funktionsfähigkeit des Appelate Body und bis dahin ein funktionierender Ersatzmechanismus sein.“ Eine Aktualisierung der WTO-Subventionsregeln sei darüber hinaus genauso wichtig wie ein Abschluss der Verhandlungen zu illegalen Fischereisubventionen, wo Indien und China bisher bremsen. Verhandlungen zu WTO-E-Commerce, Umweltgütern, Gesundheitsgütern sowie Investitionserleichterungen und Mittelstand sollten ebenfalls rasch vorangetrieben werden, heißt es im Positionspapier weiter. Der APA hofft auch auf noch mehr regionale Abkommen in der Region, den Neustart einer transatlantischen Kooperationsagenda als Gegengewicht zu RCEP sowie das Lückenschließen bei wirtschaftspolitischen Defensivinstrumenten.
Ein wichtiges Thema ist für den Ausschuss auch die Nachhaltigkeit in Form international anerkannter sozialer und ökologischer Normen und Zielen. Der European Green Deal sollte wirtschaftlich pragmatisch umgesetzt werden, sich die EU als globaler „Green Champion“ positionieren – und sich entschiedener für Menschenrechte eingesetzt werden. Das EU-Lieferkettengesetz dürfe der Wirtschaft nicht Pflichten auferlegen, die auch EU-Regierungen in Vereinbarungen mit anderen Staaten schon seit einigen Jahren nicht durchzusetzen vermögen, lautet der APA-Appell.
Digitalisierungsstandards vorantreiben
Auf dem Innovationsfeld beobachtet der Ausschuss trotz aller Digitalisierungschancen mit Sorge den Aufbau von Barrieren zwischen den digitalen Ökosystemen Chinas und der USA. Es gelte daher, die Effekte von Entkopplungstendenzen auf Lieferketten und F&E-Systeme zu begrenzen und zurückzufahren. Um die eigene Innovationskraft zu stärken, gibt es dem APA zufolge eine Reihe von Instrumenten wie Reallabore, mehr Investitionen in (digitale) Bildung, die Förderung von Schlüsseltechnologien oder einen Bürokratieabbau bei Förderanträgen. Die Vertreter sprechen sich zudem dafür aus, „den Platz am Tisch der globalen Debatte zu digitalen Standards“ beizubehalten. Neben der DSGVO lobt man auch das jüngste Weißbuch der EU zur Künstlichen Intelligenz.
Zu guter Letzt schwebt dem APA eine selbstbewusste EU-China-Strategie jenseits globaler Entkopplung vor. Staatswirtschaftlich induzierte Marktverzerrungen wirkten sich zunehmend auch im EU-Binnenmarkt und auf Drittmärkten aus. „Gleichzeitig dürfen bestehende Risiken nicht die gesamte Wirtschaftskooperation mit China in Frage stellen“, so die APA-Position an dieser Stelle. Denn: „China bleibt ein entscheidender Wachstumsmarkt und Innovationstreiber. Eine breite wirtschaftliche Entkopplung ist nicht im Interesse der EU. Abhängigkeit ist keine Schwäche, solange sie gegenseitig ist.“
APA/jr/PROMV 15.06.2021
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