Viele Fragezeichen hinter Deutschlands Außenhandel mit Russland
Russland war trotz aller Sanktionen und politischer Spannungen 2020 nach wie vor der 15. wichtigste Außenhandelspartner Deutschlands auf der Welt noch vor der Türkei, Dänemark, Südkorea und Japan. Daher trifft es die hiesige Wirtschaft auch durchaus hart, dass die deutschen Ausfuhren nach Russland im Januar um 12,6% gegen über dem Vorjahresmonat zurückgegangen sind. 2020 sind die Exporte insgesamt um 13,1% geschrumpft. Besonders heftig erwischte es die Kraftfahrzeuge mit einem Einbruch von 28,2%. Diese Branche zeigte dadurch nur noch für 12% der deutschen Exporte in dieses flächenmäßig so große Land verantwortlich. Doch es gab im vergangenen Jahr auch Lichtblicke. So ging der hiesige Maschinenexport nach Russland lediglich um 2,3% gegenüber 2019 zurück. Dieser Wirtschaftszweig liegt mit einem Anteil von 26,7% auch an der Spitze in der Ausfuhrstatistik.
Neben den Sanktionen, die unter anderem zu Liefereinschränkungen führen, ist auch der damit zusammenhängende Verfall des Rubel ein Grund für die russische Nachfrageschwäche. Die Ursachenliste für die politischen Eskalationen mit dem Westen sind lang: der jüngste Giftgasanschlag gegen den Oppositionellen Nawalny, die Besetzung der Krim, die Destabilisierung der Ukraine, das Pipeline-Projekt Nordstream II und die kolportierte Einmischung in den US-Wahlkampf. Dies alles und die Corona-Pandemie haben auch Einfluss auf die Importe Deutschlands aus Russland. Diese sanken im Januar sogar um 15%. Im vergangenen Jahr kam es zu einem regelrechten Importeinbruch von 29,9%, was allerdings zuvorderst am zeitweisen Niedergang des Ölpreises gelegen hat. Schließlich sind mineralische Brennstoffe mit einer Quote von 75,8% die mit großem Abstand dominierende Importart. Ansonsten hatten lediglich Metalle, Holz und chemische Produkte Einfuhranteile von mehr als 1%.
Der Rückgang der russischen Wirtschaftsleistung hielt sich 2020 hingegen in Grenzen, obgleich das Land mit offiziell 4,54 Millionen Corona-Fällen und knapp 100.000 Todesfällen von der Pandemie stark betroffen ist. So sank das BIP 2020 nur um 3,1%. Die inländische Produktion wurde allen voran durch einen starken Rückgang der Importe um 13,7% stabilisiert. Die Exporte sanken um rund 5,1%, die Investitionen um 6,2%. Für das Forschungsinstitut BOFIT ist die günstige Struktur der Wirtschaft dafür verantwortlich, dass das Land offenbar mit einem blauen Auge davongekommen ist. So ist der Anteil des besonders von der Pandemie betroffenen Dienstleistungssektors geringer als in vielen anderen Ländern auf der Welt. Der staatliche Verbrauch konnte den Rückgang des privaten Verbrauchs (9%) zum Teil ausgleichen. Insgesamt sank der Konsum um 5,2%. Auch die Energiepreise haben sich größtenteils wieder erholt. Im laufenden Jahr prognostiziert das BOFIT einen Anstieg des russischen realen BIP um 2,7%. Die Importe sollen 2021 um 5,0% steigen. In dieser Größenordnung könnte auch der Anstieg der deutschen Exporte liegen, sofern es nicht zu weiteren Sanktionen durch den Westen kommt.
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