Ausländische Firmen dürfen in Marokko trotz Importsubstitution hoffen
Marokko hat noch im Jahr 2019 Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 42,3 Mrd. Euro importiert. Doch als Reaktion auf die Corona-Pandemie hat das nordafrikanische Land damit begonnen, einen Teil der bisherigen Einfuhren selbst zu produzieren. Gesteuert wird diese Importsubstitution durch das marokkanische Industrieministerium. Zunächst waren es Schutzmasken, später auch andere Produktgruppen, die nun nahezu vollständig vor Ort gefertigt werden und dennoch internationalen Standards entsprechen. Daran beteiligt waren sowohl öffentliche als auch private Akteure.
Weitere Produktgruppen sollen alsbald folgen. So hat das Industrieministerium im Februar bekanntgegeben, dass bis 2023 für 52 Projekte im verarbeitenden Gewerbe Investitionen in Höhe von über 400 Mio. Euro vereinbart worden sind. Dadurch sollen etwa 12.500 Arbeitsplätze entstehen, was neben der Unabhängigkeit auch ein wichtiges Argument für die Importsubstitution ist, dessen Potenzial das Ministerium auf 700 Mio. Euro schätzt. Daneben geht es aber auch um eine gewisse Abschottung. Die Investitionen sind für neun marokkanische Regionen vorgesehen. Ein Viertel der Vorhaben entfällt auf die bedeutende Textilindustrie. Dahinter steht die Produktion von Matratzen und Schlafzubehör sowie von grob und fein gestrickten Artikeln. In der Chemiebranche sollen die Sparten Pharma, Kunststoffe und organische Chemie unterstützt werden. In der mechanischen und metallurgischen Industrie geht es um den Bau eines Komplexes für Spezialstähle und Industrieanlagen sowie einer Recyclinganlage für Kupferabfälle. Im Kunststoffsektor sind weitere sechs Industriefabriken in Planung.
Das Konzept der Importsubstitution startete im vergangenen September. Zunächst war ein Importvolumen von knapp 20 Mrd. US-Dollar identifiziert worden, das durch Eigenfertigung substituiert werden könnte. Unternehmen aus den ausgesuchten Schlüsselbranchen werden drei Jahre lang staatlich unterstützt. Durch die Förderung der lokalen Industrie könnten sich auch Kooperationsmöglichkeiten für ausländische Unternehmen sowie Chancen für Lieferanten von technischen Ausrüstungen ergeben. Der wirtschaftliche Dachverband CGEM hat unterdessen den informellen Sektor, der die marokkanische Wirtschaft nach wie vor zu einem großen Teil trägt, zu einer ihrer Prioritäten für dieses Jahr ernannt.
NfA/jr/promv