Das Lieferkettengesetz wirft seine Schatten voraus
Kürzlich hat sich die Bundesregierung auf einen Kompromiss zum Lieferkettengesetz geeinigt. Damit sollen die Rechte derjenigen Menschen geschützt werden, die Waren für Deutschland produzieren. Größere Unternehmen sind ab 2023 verpflichtend angehalten, Menschenrechte und gewisse Umweltstandards in ihren Lieferketten einzuhalten. Bei Verstößen drohen empfindliche Bußgelder.
Doch wie können sich die Betriebe auf die neuen Vorgaben vorbereiten? „Die Unternehmen müssen ein angemessenes Risikomanagementsystem einführen“, erklärte ein Anwalt der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek in dieser Woche gegenüber den Nachrichten für Außenhandel: „Hierdurch sollen Risiken erkannt und Verletzungen von geschützten Rechtspositionen – unter anderem Leben, Gesundheit, gerechte Arbeitsbedingungen, Vereinigungsfreiheit sowie Schutz vor Kinderarbeit, Sklaverei, Zwangsarbeit oder Folter – verhindert werden.“
Dazu bedarf es eines Beauftragten, über dessen Arbeit sich die Geschäftsleitung regelmäßig informieren muss. „Wer Risiken feststellt, muss angemessene Präventivmaßnahmen ergreifen“, so der Anwalt weiter. Dazu können Grundsatzerklärungen, aber auch Schulungen zählen. Eine weitere Auflage ist es, ein eigenes Beschwerdeverfahren – etwa eine Hotline – einzurichten. „Erlangt das Unternehmen auf diese Weise Kenntnis von einem Verstoß, muss es tätig werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verursacher ein unmittelbarer Zulieferer ist oder ein weiter entferntes Glied in der Lieferkette“, heißt es von Seiten der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek.
Eine weitere Vorgabe des neuen Lieferkettengesetzes sollen umfassende Dokumentations- und Veröffentlichungspflichten der Maßnahmen und Verstöße sein. Betroffene Zulieferer können zwar nicht selbst den Klageverfahren bestreiten, haben aber die Möglichkeit, über Aufsichtsbehörden oder Gewerkschaften an eine Aufarbeitung zu gelangen. Hinzu kommen die erwähnten Bußgelder, die sich je nach Schwere des Verstoßes zwischen 100.000 und 800.000 Euro belaufen. Bei einem jährlichen Umsatz von über 400 Mio. Euro kann die Höhe der Strafe immerhin 2% des Jahresumsatzes betragen. Bei schwerwiegenden Verstößen ist sogar der Ausschluss von der Teilnahme an einem Wettbewerb und der Vergabe eines öffentlichen Auftrages möglich.
Doch noch ist es nicht soweit: Das neue Lieferkettengesetz soll zwar vor der Bundestagswahl im Herbst verabschiedet werden, wird aber erst zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Änderungen sind noch möglich, weil auch auf EU-Ebene verpflichtende Sozialstandards für Lieferketten diskutiert werden. Der breite Mittelstand ist bis auf Weiteres nicht vom neuen Gesetz betroffen. Es ist zunächst nur gegen Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern sowie Hauptsitz in der Bundesrepublik gerichtet. Ab 2024 sinkt die Beschäftigtenzahl allerdings auf nur noch 1.000.
NfA/jr/promv