Ein soziales Europa? Reformempfehlungen für die EU
Die Hans-Böckler-Stiftung hat mit Blick auf den EU-Sozialgipfel, welcher am vergangenen Freitag, dem 7. Mai, in Porto stattfand, eine Studie veröffentlicht. In dieser wird aufgezeigt, wo es im Bereich des sozialen Rechts in der EU Reformen bedarf — nicht nur zum Wohle der EU-Bürger, sondern auch zum Vorteil der Wirtschaft. Ein Social Deal soll zudem das Vertrauen in die Europäische Union stärken.
Präsentes Thema in den Diskussionen ist die Aushandlung einer EU-weiten Regelung für Mindestlöhne. Die vorgeschlagene Lösung der EU-Kommission ist hier die Einführung von verbindlichen Mindeststandards, nach denen in jedem Mitgliedsstaat der individuelle angemessene Mindestlohn festgelegt wird. Dieser muss danach bei etwa 60 Prozent des Bruttomedianlohns und 50 Prozent des Bruttodurchschnittslohns betragen — eine Marke, die auch der aktuelle deutsche Mindeststundenlohn von 9,50 Euro nicht erreicht. Zudem sollen Tarifverträge gefördert werden. Neben monetären Mindestanforderungen sieht die Stiftung auch die Stärkung des Mitbestimmungs- und Arbeitsrechts vor. Eine Schwächung von Gewerkschaften und Lohndumping habe in der Vergangenheit eher die Wirtschaft belastet als sie in Krisenzeiten zu unterstützen, so die Pressemitteilung.
Besondere Aufmerksamkeit gebührt außerdem Arbeitskräften, die grenzübergreifend arbeiten, sowie jenen, die über digitale Plattformen Arbeitsaufträge beziehen. In diesen Fällen sind die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen nicht klar definitiert, was zu Unsicherheit und Ausbeutungspotenzial führt. Auch Soloselbstständige brauchen mehr rechtlichen Schutz, der bei der Existenzsicherung hilft.
Zur Umsetzung dieser Reformen schlägt die Hans-Böckler-Stiftung zweierlei Möglichkeiten vor: Zum einen eine europaweite Verfassung, der einen Rahmen vorgibt, in dem sich die jeweilige Binnenmarktrechtslage der Mitgliedsstaaten bewegen muss, oder aber die Aufnahme einen sozialen Fortschrittprotokolls in das europäische Vertragsrecht. Dadurch könnte sichergestellt werden, dass sozialen Rechten ein übergeordneter Status gegenüber den Wirtschaftsregelungen der Länder eingeräumt wird.
Weitere Ausführungen finden Sie in der Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung.
Böckler/kb/PROMV 11.05.2021