Unmut über “Geiselnahme” durch Ungarn bei Ölembargo
In der Europäischen Union wächst der Unmut über die Blockadehaltung Ungarns gegen das geplante Ölembargo gegen Russland. “Die ganze Union wird von einem Mitgliedstaat als Geisel genommen”, kritisierte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis am Rande eines Treffens mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Auch der irische Außenminister Simon Coveney drang auf ein “sehr klares Signal an den Kreml und an Moskau”. Zu den Beratungen wurde auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erwartet.
Ungarn verhindert laut EU-Diplomaten bisher den nötigen einstimmigen Beschluss der EU-Staaten für das sechste Sanktionspaket. Die EU-Kommission hatte vor rund zwei Wochen ein schrittweises Einfuhrverbot für Rohöl und Ölprodukte aus Russland vorgeschlagen. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban drohte daraufhin mit einem Veto, weil er die Energieversorgung seines Landes in Gefahr sieht. Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto präzisierte unterdessen die ungarische Forderung und nannte 15 bis 18 Milliarden Euro, die für die Abkehr seines Landes vom russischen Öl nötig seien. Es sei “legitim”, dass Ungarn einen Vorschlag der EU-Kommission erwarte, sagte Szijjarto, der in Brüssel am Treffen der EU-Außenminister teilnahm. Das Land bezieht sein Öl bisher über die Druschba-Pipeline aus Russland. Um unabhängig zu werden, fordert Budapest Hilfen zum Bau einer neuen Pipeline.
“Wir tun unser Bestes, um die Situation zu entschärfen”, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel. Neben Ungarn fordern Diplomaten zufolge auch die Slowakei, Tschechien und Bulgarien längere Übergangsfristen zur Umsetzung des Einfuhrstopps sowie Milliardenhilfen zum Bau neuer Pipelines. Einen Durchbruch bei dem EU-Außenrat erwartete Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nicht. “Das wird nicht die finale Klärung heute hier sein”, sagte sie in Brüssel. Sie sei aber “sehr zuversichtlich” hinsichtlich einer Einigung “in den nächsten Tagen”.
Quelle: Mittel- und Osteuropa Aktuell / MWM Redaktion