Viele kleine britische Betriebe haben EU-Exporte eingestellt
Der Brexit bringt auf beiden Seiten des Ärmelkanals offenbar doch länger andauernde Turbulenze mit sich, als man es bei einem Freihandelsabkommen womöglich erwarten würde. In den vergangenen Wochen haben offizielle Zahlen ans Licht gerückt, dass sowohl in Europa als auch in Großbritannien der verbindende Außenhandel beider Wirtschaftsräume zum Jahresbeginn massiv eingebrochen ist. Noch hofft man darauf, dass es nur ein vorübergehender Effekt durch vorgezogene Lieferungen, anfängliche Zurückhaltung wegen der neuen Regularien und eine Folge der Corona-Pandemie ist.
Am Montag gab nun allerdings der britische Branchenverband namens Federation of Small Businesses (FSB) bekannt, dass annähernd jeder vierte heimische Exporteur einer Umfrage zufolge seine Exporte derzeit komplett gestoppt hat. 4% der 1.400 befragten Kleinexporteure wollen demnach ihr EU-Ausfuhrgeschäft des bürokratischen Aufwands wegen sogar vollständig einstellen, immerhin jeder zehnte Betrieb denkt darüber nach. Genauso viele haben vor, extra eine eigene Niederlassung in einem EU-Staat aufzubauen, um Lagerkapazitäten außerhalb Großbritanniens zu schaffen. Damit scheint der Brexit allen voran die KMU besonders zu treffen. Immerhin liegt der Ausstieg des Vereinigten Königreiches aus dem EU-Binnenmarkt mittlerweile schon drei Monate zurück. FSB-Chef Mike Cherry befürchtet ein dauerhaftes Anhalten der Probleme, die von politischer Seite zunächst nur als Kinderkrankheiten bezeichnet worden sind. Die Papiermodalitäten rund um den Grenzverkehr bezeichnet er als „unheimlich anspruchsvoll“ und „ungewohnt“.
Dadurch fällt die Kosten-Nutzen-Rechnung von Ausfuhren gerade für die kleineren Betriebe negativ aus. Obgleich es einen Handelsvertrag gibt, werden Auflagen, Dokumentationspflichten und Zollerklärungen verlangt. Unter die nicht-tarifären Handelshemmnisse fallen etwa Sicherheitsstandards und Gesundheitszertifikate, die nun bei Ausfuhren in die EU vorgelegt werden müssen. Die FSB-Umfrage hat darüber hinaus ergeben, dass dadurch entstandene Verzögerungen bei den Exporten und Importen in mehr als einem Drittel der Fälle bei über zwei Wochen liegen. Experten schätzen, dass die Zusatzkosten für Kleinexporteure bis zu 15% betragen. Größere Unternehmen verfügen hingegen meist über die notwendigen Ressourcen, um die Ausfuhrabläufe gut in den Griff zu bekommen.
fsb/jr/promv