Wer und was bei Exportgeschäften in Krisenzeiten hilft
Die Finanzierungsbedingungen auf den Weltmärkten haben sich im zurückliegenden Jahr deutlich verschlechtert. Ein Fels in der Brandung sollen in dieser Situation die Hermes-Bürgschaften sein. Kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie hat der Bund den haushaltrechtlichen Gewährleistungsrahmen angehoben und die Absicherungsmöglichkeiten für Exportgeschäfte erweitert. Dieses Maßnahmenbündel, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie koordiniert wird, ist zum 1. Juli 2020 eingeführt worden und größtenteils noch bis Mitte dieses Jahres gültig. Es umfasst fünf Punkte:
1. Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten für neue Exportgeschäfte (befristet bis 30.06.2021)
Hierbei geht es darum, neue Aufträge mit bewährten, aber coronabedingt in Liquiditätsnot geratenen Auslandskunden durchführen zu können. Eine wichtige Voraussetzung dabei ist eine gute Marktposition des jeweiligen Partners. In diesen Fällen besteht zum einen die Möglichkeit einer 720-Tage-Bullet-Finanzierung für das Kurzfristgeschäft. Dabei beträgt die Kreditlaufzeit maximal 720 Tage mit der Option der Rückzahlung zur Fälligkeit in einer Summe (Bulletzahlung). Eine Anzahlung von nur 5 % ist vor Risikobeginn erforderlich, weitere Zwischenzahlungen müssen nicht geleistet werden. Dies soll die Bilanz der Exporteure und ihrer Kunden entlasten. Zum anderen besteht die Variante einer nachträglichen Finanzierung von Geschäften auf Lieferantenkreditbasis. Sofern diese schon kurz- oder mittelfristig gedeckt sind, ist auch die Deckung einer nachträglichen Finanzierung auf Basis eines mittel- bis langfristigen Bestellerkredits möglich.
2. Einführung einer Shopping-Line-Deckung (unbefristet)
Mit dieser neuartigen Kreditlinien-Deckung soll der Zugang deutscher Exporteure zu Beschaffungsprogrammen bonitätsstarker Auslandskunden verbessert werden. Dabei werden mehrere Geschäfte unterschiedlicher Exporteure zu einer oder mehreren Kredittranchen mit jeweils einheitlichem Rückzahlungsprofil zusammengefasst. Die zugehörige, sich verbrauchende Kreditlinie kann die finanzierende Bank beim Bund absichern lassen. Eine höhere Flexibilität und administrative Erleichterungen macht die Shopping-Line-Deckung interessant. Zu den einzelnen Maßnahmen zählen die frühzeitige Ausstellung eines Letter of Interest (Lol), eine Small-Ticket-Sonderregelung und eine vereinfachte Kreditdokumentation. Dadurch ermöglicht diese Deckungsform auch Exportgeschäfte, allen voran im Small-Ticket-Segment, die sonst womöglich nicht zustande gekommen wären.
3. Erleichterungen bei den Entgelten für Exportkreditgarantien (befristet bis 30.06.21)
Die Liquiditätslage kann nicht nur bei Auslandskunden, sondern auch beim Exporteur durch die Covid-19-Welle angespannt sein. Deshalb wird es ihm auf Antrag in drei unterschiedlichen Varianten bei den Entgeltfälligkeiten leichter gemacht: bei Prolongationen, Entgeltfälligkeiten als solches und der Ausfuhr-Pauschal-Gewährleistung (APG). Im ersten Fall kann das Entgelt auf die dann verlängerte Risikolaufzeit des Kredits entfallen. Dies ist auch dann möglich, wenn Prolongationszinsen in Deckung genommen werden (maximal in Höhe des ursprünglichen Zinssatzes).
Die zweite Variante soll bei Entgeltfälligkeiten vor und nach Risikobeginn greifen. Vor Risikobeginn hat der Deckungsnehmer bei unveränderten Liefer-/Leistungs-/Fertigungszeiten die Option, das Entgelt im Ausnahmefall erst bei Fabrikationsbeginn (statt bei Deckungsübernahme) bzw. auch bei Großgeschäften zu 100% bei Risikobeginn (statt zu 25% bereits bei Aushändigung der Deckungsurkunde) zu zahlen. Dies gilt unter Umständen auch bei einer Entgeltfälligkeit nach Risikobeginn. Dann sind aber bei der Einzelfallbetrachtung insbesondere haushaltsrechtliche Vorgaben und der OECD-Konsensus zu beachten.
Bei der dritten Variante, der APG, wird bei coronabedingten Schäden mit Fälligkeiten zwischen dem 01.03.2020 und 30.06.2021 automatisch der schadenbedingte Standard-Malus von 10 auf 5% halbiert. Diese Regelung bei der Sammeldeckung des Bundes hatte zunächst bis 31.12.20 gegolten, wurde dann aber um ein halbes Jahr verlängert.
4. Verbesserte Refinanzierungsmöglichkeiten für exportfinanzierende Banken
Damit sollen die bestehenden Instrumente, die Banken benötigen, um Exporte zu refinanzieren, erweitert und verbessert werden. Zum einen hat der Bund eine unbefristete Verbriefungsgarantie für die Refinanzierung bei Pfandbriefbanken eingeführt. Dadurch sollen die Refinanzierungsoptionen für hermesgedeckte Geschäfte verbessert werden. Nicht-Pfandbriefbanken wird damit unter bestimmten Voraussetzungen wieder eine Refinanzierung bei Pfandbriefbanken mit einer Bundesdeckung ermöglicht. Zum anderen läuft bis zum 31.12.21 das bestehende Refinanzierungsprogramm der KfW für bundesgedeckte Exportkredite. Der Bund führt nach eigenen Angaben Gespräche mit der Europäischen Kommission, inwieweit das Programm verlängert und seine Konditionen angepasst werden können.
5. Weitere technische Verbesserungen bei den Exportkreditgarantien (unbefristet)
Hierunter fällt zum einen, dass Auszahlungsvoraussetzungen für Finanzkreditdeckungen auch
bei Bestandsgeschäft gültig sind. Die günstigen Modifikationen hatten bislang nur für Neugeschäfte gegolten. Zum anderen gilt dauerhaft ein Wahlrecht auf Einmalentschädigung für Non-performing Loans. Dieses ist ab dem ersten Entschädigungsantrag bis zum Abschluss des entsprechenden Verfahrens flexibel ausübbar. Bei Ausübung wird der Entschädigungsbetrag derart begrenzt, dass in Summe keine höhere Entschädigung geleistet wird als nach der bestehenden Systematik.
BMWi/jr/promv